Spanische Hofreitschule Wien

Wieso eigentlich ‚Spanische‘ Hofreitschule, wo sie doch zu den bedeutendsten Kulturgütern Österreichs zählt und eine echte Wiener Institution ist?

Dieser Name bezieht sich auf Ferdinand I. Er stammte aus dem Geschlecht der Habsburger und war ein Bruder Kaiser Karl V. Am 10. März 1503 wurde er in Alcalá de Henares bei Madrid geboren, wo er auch seine Kindheit und Jugend verbrachte. Erst achtzehnjährig kam er als Erzherzog von Österreich nach Wien, wurde schließlich König von Böhmen, Kroatien und Ungarn und war von 1558 bis zu seinem Tode 1564 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.

Eingang zur Winterreitschule in der Hofburg mit Fiaker

Ferdinand war ein leidenschaftlicher Reiter und liebte die Pferde seiner Heimat, die einen üppigen Körperbau hatten, dabei aber elegant und wendig waren. Er brachte die ersten spanischen Pferde mit an den Hof.

Einige Jahre später, anno 1580, gründete Erzherzog Karl II. von Innerösterreich das Hofgestüt im Karst in der Nähe des Dorfes Lipica, das damals noch zu Österreich gehörte (heute Slowenien). Er bestückte es mit rund hundert der spanischen Pferde und legte so den Grundstein für die Zucht der Lipizzaner.

In den folgenden Jahrhunderten züchteten die Habsburger Kaiser die Rasse der „Spanische Karster“. Erst ab 1780 nannte man sie ‚Lipizzaner‘. Sie sollten das ideale Pferd für die Kutsche werden, vor allem aber als Schlachtross für Feldzüge dienen. Doch als solche wurden sie letztendlich nie genutzt, dafür schienen sie einfach zu schade.

Stolzer Lipizzaner-Hengst

1681 ließ Kaiser Leopold I. auf dem Tumblplatz eine neue Reitschule errichten. Doch 1683 brachen die Türkenkriege aus, und die Reitschule, die noch nicht einmal fertiggestellt war, wurde schwer beschädigt. Erst fünfundvierzig Jahre später hat man das Projekt wieder aufgenommen und begann mit dem Bau der barocken Winterreitschule im Michaelertrakt der Hofburg. Sie wurde 1735 fertiggestellt und wird seither als solche genutzt. Die Reithalle, bis heute in ihrer ursprünglichen Form erhalten, gilt als barockes Juwel und schönste Reithalle der Welt. Architekt war Johann Bernhard Fischer von Erlach, Baumeister sein Sohn Emanuel Fischer von Erlach.

Auf einer Tafel über dem Reitereingang ist seit damals zu lesen, dass sie zum Unterricht und zur Übung der adeligen Jugend, wie auch zur Ausbildung der Pferde für Kunstritt und Krieg errichtet wurde. Doch seit der Französischen Revolution und den Napoleonischen Kriegen sind die Bereiter nicht mehr ausschließlich adelig, und es sind auch keine Jugendlichen mehr. Aber immer noch wird hier die Hohe Schule der klassischen Reitkunst gelehrt und vorgeführt – bis zum 9. September 2008 ausschließlich von Männern, doch seither sind auch Frauen unter den Bereitern zu finden. Mag sein, das liegt am Einfluss von Frau Elisabeth Gürtler, die seit November 2007 Generaldirektorin der Spanischen Hofreitschule Wien ist. Zum ersten Mal seit Bestehen der Hofreitschule besetzt diesen Posten eine Frau.

Die Spanische Hofreitschule in Wien ist die einzige Institution dieser Art, in der die Tradition der Hohen Schule der klassischen Reitkunst bis zum heutigen Tag ohne Unterbrechung fortgeführt wurde und wird. Und die Kunst der Pferde und ihrer Reiter zählt sogar zum immateriellen UNESCO Weltkulturerbe.

Die Stallburg – hier sind die Hengste untergebracht

Untergebracht sind die Hengste, die zur Ausbildung nach Wien geholt werden, in einem Gebäude, das zum Komplex der Hofburg gehört. Es war eigentlich als Residenz für Ferdinand I. gedacht, doch wurde als solche nie genutzt . Es hatte einige Jahre leer gestanden, und so baute man es kurzerhand zur Stallburg um. Noch heute befinden sich die Stallungen in diesem Gebäude.

 Nicht nur Reithalle

Bereits seit dem 18. Jahrhundert werden in der barocken Reithalle auch Feste gefeiert

Bereits unter Maria Theresia, die 1740 den Thron bestieg, wurden in der Winterreitschule auch Karussells aufgestellt, Maskenfeste, Reiterspiele und Hofbälle abgehalten. In den Jahren 1814 bis 1815, zu Zeiten des Wiener Kongresses, tagten, tanzten und feierten hier internationale Staatsgäste, und 1848, im Jahr der Revolution, tagte der erste Reichstag der Monarchie in der Winterreitschule.

Auch heute finden in der einzigartig schönen, barocken Halle noch große Festivitäten statt. Dann wird sie in ein Farbenmeer getaucht und versprüht einen ganz neuen Zauber.

Die Pferde

Seit 1920 befindet sich das Gestüt nicht mehr in Lipica, sondern (mit Unterbrechung im und nach dem 2. Weltkrieg) in Piber. Piber gehört zur Stadt Köflach im Bezirk Voitsberg in der West-Steiermark. Dort leben die etwa 70 Zuchtstuten mit ihren kleinen Fohlen, und die Hengste, die zum Decken ausgewählt wurden. Auch die ‘Pensionisten’ kehren aufs Gestüt zurück, um ihren Lebensabend dort zu verbringen – so wie Hengst Neapolitano Nima, der am 11. April 2018 bei guter Gesundheit seinen 39. Geburtstag feiern konnte.

Nima war in seiner aktiven Laufbahn in der Spanischen Hofreitschule ein Star und als Levadeur weltweit bekannt. Er ist der älteste registrierte Lipizzanerhengst überhaupt. Dass er dieses hohe Alter erreichen konnte, ist ein Beweis für die gute Haltung der Hengste an der Spanischen Hofreitschule.

N. Nima mit seinem Bereiter Rosteck – er zeigt eine Levade

Wie Hengst Neapolitano Nima erhalten alle Hengste einen Doppelnamen. Um die Linie zu kennzeichnen, die sie fortführen, tragen sie an erster Stelle den Namen ihres Vater. Zusätzlich erhalten sie den Namen ihrer Mutter, um sie so besser von ihren Brüdern unterscheiden zu können. Neapolitano ist also der ‘Stammname’ des Hengstes, genannt wird er jedoch nach seiner Mutter – in diesem Fall Nima.

Auch die Schulhengste, die in Wien ausgebildet und vorgeführt werden, leben nicht das ganze Jahr über in der Hofburg. Von Juni bis Mitte August dürfen sie im Trainingszentrum Heldenberg (NÖ) die Sommerfrische genießen und gemeinsam über Weiden toben.

 

Im Jahr kommen etwa 45 bis 50 Fohlen zur Welt. Anfänglich gab es die Lipizzaner in allen Farben. Erst später beschloss man, des schöneren einheitlichen Bildes wegen, nur noch die weißen Pferde zur Zucht zu nutzen, und natürlich wurden für den Wiener Hof nur die besten Hengste ausgewählt. Bringt die Zucht heute einen andersfarbigen Hengst hervor, gilt er als ‚Glücksbringer‘ und nimmt in dieser Eigenschaft eine Sonderstellung unter den Schul-Hengsten ein. Zur Zucht wird er nicht verwendet.

Apropos – alle Schimmel kommen dunkel zur Welt, haben auch Blessen und andere Abzeichen. Erst im Verlauf der Jahre werden sie weiß. Der Fachbegriff dafür ist ‚ausschimmeln‘.

Sobald die Fohlen sechs bis sieben Monate alt sind, werden sie von ihren Müttern getrennt und bleiben in Gruppen untereinander. Schließlich findet eine Ausmusterung statt, bei der eine Kommission feststellt, welche Stuten und Hengste zur Zucht behalten werden. Alle übrigen werden auf dem freien Markt verkauft.

Die Junghengste leben den Sommer über auf der Stubalm, wo sie auf schwierigem Gelände trittfest werden und Muskeln ausbilden. Eine stark ausgebildete Hinterhand macht später die Arbeit ‚über der Erde‘ (z.B. die Courbette oder die Kapriole) leichter. Am Ende des Sommers gibt es einen ‚Almabtrieb‘, und die zurückkehrenden Hengste werden vom Pfarrer gesegnet.

Die Stuten bleiben auf den Weiden des Gestüts und werden in der Kutsche trainiert, um ihre Leistungsbereitschaft zu prüfen.

Die Hengste genießen ihre Ruhezeit

Die Hengste bringt man im Alter von vier Jahren vom Gestüt Piber nach Wien, um sie dort mit Liebe und Geduld sechs bis acht Jahre auszubilden. Erst dann wird entschieden, ob sie tatsächlich in die Spanische Hofreitschule aufgenommen werden.

Nicht alle Hengste beherrschen alle möglichen Übungen. Die Art und das Ziel ihrer Ausbildung richtet sich ganz nach ihren eigenen Fähigkeiten, die ausgetestet und dann gefördert werden. Bei den Übungen, die sie trainieren, handelt es sich um natürliches Hengstverhalten, das verstärkt wird. In der Natur zeigen Hengste solch imposantes Verhalten, um den Stuten zu imponieren oder gegen Rivalen zu kämpfen. Aus diesem Grund findet man auch keine Stuten oder gar Wallache bei den Vorführungen.

Vorführungen

Immer wenn sie in die Halle einreiten, lüpfen die Reiter ihren Hut. Die Zuschauer mag das wundern; so mancher denkt vielleicht sogar, diese Ehrerbietung gebührt ihm. Aber nein, die Reiter lüpfen ihren Hut vor dem Gemälde Karls de VI., das auf der Schmalseite über der Tribüne hängt.

In der Winterreitschule in der Hofburg in Wien kann man die Pferde und ihre Bereiter bei Vorführungen, aber auch bei der Trainingsarbeit erleben, die von Dienstag bis Freitag durchgeführt wird. Dabei werden die Übungen geritten, die zur Ausbildung gehören und das Ziel haben, die Pferde auf die Vorführungen vorzubereiten.

In der Sattelkammer der Stallburg

Bekommt man keine Karten oder sind einem die Karten zu teuer, kann man auch an einer Führung durch die Reithalle, die Sattelkammer und die Stallungen teilnehmen, was ebenso interessant ist. Und wer im Sommer nach Wien reist, wenn die Hengste ihre Sommerpause auf der Weide genießen, kann durch das Sommerprogramm „Piber meets Vienna“ Einblick in das Gestütsleben der Spanische Hofreitschule erhalten. Hier werden neben jungen, in der Leistungsprüfung stehenden, künftigen Zuchtstuten auch Mutterstuten mit ihren kleinen Fohlen vorgeführt, sowie verschiedene historische Anspannungen mit Originalkutschen und Kutschern in traditionellen Uniformen gezeigt.

Wichtig: Kinder dürfen erst ab einem Alter von 3 Jahren den Vorführungen beiwohnen!

Kartenvorbestellung ist anzuraten. Mehr Information über das genaue Programm und den Kartenvorverkauf finden Sie auf der offiziellen Website.

Anfahrt: U-Bahn – U3 Herrengasse / Straßenbahn – Linie 1, 2, D, 71 Burgring / Bus – 2A, 3A Hofburg / HOP ON HOP OFF – Rote Linie: Staatsoper oder Kunsthistorisches Museum, Heldenplatz

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Autorenportrait Sascha Berst-Frediani

Kennengelernt habe ich Sascha Berst-Frediani auf einer Autorentagung. Das liegt ein paarJahre zurück. Seitdem hielten wir losen Kontakt, schrieben uns mal eine E-Mail oder ‚trafen‘ uns auf Facebook. Nun habe ich ihn gebeten, mir ein paar Fragen zu seinem Roman ‚REUE‘ zu beantworten, der gerade brandneu im Gmeiner Verlag erschienen ist.

Darüber später mehr. Zuerst einmal möchte ich Sascha vorstellen. Er ist 53 Jahre alt, Vater von drei Kindern, Deutsch-Italiener und aufgewachsen in beiden Ländern, jedoch mit Schwerpunkt Deutschland. Er studierte Germanistik und Rechte in Deutschland und Frankreich, entschied sich dann für den Brotberuf des Juristen und arbeitet als Fachanwalt für Arbeitsrecht und Medizinrecht in Freiburg im Breisgau.

Und hier meine Fragen:

Wie war das bei Dir mit dem Schreiben? Wann hast Du damit angefangen?

Schon als kleines Kind habe ich mir Gedichte und Liedchen ausgedacht. In der dritten Klasse schrieb ich ein Stabreimgedicht in drei Strophen für meine Deutschlehrerin – dabei war die noch nicht einmal hübsch. Ich muss dieses Bedürfnis also in mir getragen haben. Als ich vierzehn Jahre alt wurde, unternahm ich meine ersten literarischen Gehversuche. Schülerzeitung, Lokalzeitung, und als Zwanzigjähriger habe ich mit Freunden eine Anthologie von Geschichten herausgebracht, die in meiner Heimat am Hochrhein spielen. Doch dann kamen Studium, Beruf und Familie dazwischen. Da hat man anderes im Kopf …

Meinen ersten Roman schrieb ich mit achtundzwanzig Jahren. Der taugte allerdings nicht viel. Mit vierzig Jahren folgte „Mord im Garten des Sokrates“, ein Buch, das zwischenzeitlich auch in Spanien, Lateinamerika und Italien erschienen und für Frankreich angekündigt ist.“

Und wie arbeitest Du?

Stetig an jedem Wochenende und jedem freien Tag schreibe ich mindestens eine Seite, bei Wind und Wetter, Regen und Sonnenschein … Immer an meinem Laptop, an irgendeinem Tisch, der gerade frei ist. Gerne auf einer Terrasse im Süden, zur Not aber auch in meinem kleinen Mansardenarbeitszimmer ‚bei Wasser und Brot‘.

Erzähle etwas über ‘Reue’, Deinen neuesten Roman, der gerade erst erschienen ist.

Darin geht es um Liebe und Hass, um Missgunst, Rache und Eifersucht. Es ist die Geschichte eines Mordes, vom ersten Gedanken bis zur Tat. Ein Ehepaar lebt auf dem Land in einer Wochenendbeziehung. Sie arbeitet bei einer Bank, er bei der Bundeswehr . Als sie ein Haus mit zwei Wohnungen kaufen, wobei die untere Wohnung an einen attraktiven Mann vermietet ist, der sehr wohl zu Hause lebt, beginnt das Drama. So eine Konstellation birgt natürlich Konfliktmaterial, und es endet dann ja auch mit einem Mord. Wer ermordet wird, wie, was und warum, dazu verrate ichnatürlich nichts . Jedenfalls beginnt der Roman mit einer Verhaftung, die Geschichte wird dann in Rückblenden und aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt.

Was wünscht du Dir am Meisten, für Dich, Deine Kinder, das Leben?

Mehr Licht, liebe Freunde, und noch mehr Licht! Wir leben heutzutage in einem kollektiven Dorf, indem ein Gerücht das andere ablöst, nichts mehr vertieft und nichts mehr hinterfragt wird. Die Leute mistrauen Wissenschaft und Journalismus und suchen ihre Wahrheit in der Fiktion. Das ist ein schrecklicher Niedergang, dem wir uns entgegenstellen müssen. Die Aufklärung bleibt der einzige Weg des Menschen aus dieser selbstverschuldeten Unmündigkeit.

Reue
Die Geschichte eines Mordes
247 S. / Gebunden / erschienen Februar 2018
ISBN 978-3-8392-2249-2

Cres und Losinj – Der praktische Reiseführer für Ihren Inseltrip

Cres und Losinj – pünktlich zum Saisonstart ist unser neue Reiseführer erschienen!

Wir stellen Ihnen die wichtigsten Orte, Sehenswürdigkeiten, Wanderrouten und Strände von Cres und Losinj vor. Auch geschichtlich Interessierte kommen auf ihre Kosten. Für Stadt Cres, Beli und Mali Losinj haben wir einen Stadtrundgang ausgearbeitet. Viele Tipps und die wichtigsten Adressen, Links und Telefonnummern ersparen Ihnen in der Vorbereitungsphase Ihres Inseltrips mühevolles Recherchieren. Besondere Museen und Veranstaltungen finden ebenso Erwähnung wie z.B. Parkmöglichkeiten, regionale Spezialitäten, Hinweise für Rollstuhlfahrer, Camper oder Hundebesitzer.
Hotels empfehlen wir nicht. Auch beinhaltet dieser Reiseführer, abgesehen von einer Übersichtskarte, kein Kartenmaterial. Allerdings beschreiben wir die Wege, und wer aufmerksam bleibt, wird sein Ziel finden.

Inhaltsverzeichnis kurz zusammengefasst
1. Wissenswertes über Land und Leute
2. Geschichte
3. Sehenswürdigkeiten, Strände und mehr
4. Rundgang durch Cres, Losinj, Beli
5. Ausflüge in die Umgebung
6. Museen und Veranstaltungen
7. Anreise, parken und viele praktische Tipps
8. Was tun im Notfall
9. Wichtige Telefonnummern und Links
10. Infos für behinderte Menschen
11. Infos für Camper
12. Unterwegs mit Hund

Hier können Sie unserem Fotospaziergang über die Inseln folgen

Losinj

Cres

Das Taschenbuch hat 270 Seiten. Sie erhalten es bei allen großen Internetanbietern zum Preis für 12,99 €. Auch Ihr Buchhändler kann es für Sie bestellen. Da es sich um eine BoD-Ausgabe handelt, kann es ein paar Tage dauern, bis das Buch bei Ihnen ankommt.

ISBN Buch: 978-3-946280-54-5

Das E-Book erhalten Sie bei allen großen Internetanbietern zum Preis für 5, 99€

ISBN E-Book: 978-3-946280-53-8
ASIN: B07B8NRDL2

21. Februar – Internationaler Tag der Muttersprache

Muttersprache ist für mich wie für den Töpfer ein Klumpen Ton, und Schreiben kann so aufregend sein, wie diesen Ton zu formen und dabei zuzusehen, dass etwas Wunderbares daraus entsteht. Wie wie wichtig die Muttersprache ist, merkt man aber oft erst, wenn man im Ausland lebt und dort in einer fremden Sprache ‘herumrödelt’, sich nicht in allen Feinheiten ausdrücken kann.

Selbst nach einem langen Autorenleben gibt es noch besondere oder unbekannte Wörter zu entdecken! Was halten Sie von Bloderkirsche statt Sauerkirsche? Oder von Blitzzwiebelblau? Dieses phantasievolle Wort bezeichnet eine Blautönung der Haut, wie sie nach Schlägen oder bei langanhaltender Kälte auftritt. Ein Blochschuh ist ein Holzschuh, ein Donnerstrahl ein Blitz, der von einem lauten Donnerschlag begleitet wird. Und unter einem Kaffeköpfchen versteht man eine ‘kleine Plauderei’. Besonders liebe ich aber den Ausdruck ‘Wortsalat’ für ein unverständliches Durcheinander von Worten.

Leider scheint es heutzutage als schick und gebildet zu gelten, möglichst viele Fremdwörter zu benutzen – warum sonst ist unsere Sprach von so vielen ‘Anglizismen’ durchsetzt? Das schlimmste Wort, das seit ein paar Jahren vor allem im Radio zu hören ist: Singer-Songwriter – und dann noch in der weiblichen Form ‘Singer-Songwriterin’! Ein englischer Ausdruck verdeutscht, weil es im Englischen keine weibliche Form dafür gibt. Warum um Himmels willen sagt man nicht einfach Liedermacher und Liedermacherin? Oder Texter und Sänger? Das ist kein bisschen umständlicher, dafür aber nicht so lächerlich.

Zu den deutschen Wörtern, die in andere Sprachen Begeisterung finden, gehören u.a. das Wort ‘Kindergarten’, für das die englische Sprache keinen Ausdruck kennt, oder ‘Fernweh’, für das es seltsamerweise in der niederländsichen Sprache kein Wort gibt.

Es bestehen allerdings auch ein paar deutsche Wörter, die ich gar nicht mag,  allen voran das Wort ‘dämlich’. Ich habe es vollständig aus meinem Wortschatz gestrichen. Denn denkt man einmal darüber nach, was es bedeutet und bringt es in Bezug zu ‘herrlich’, müsste frau es sofort auf die Liste der Unwörter setzen!

Ein Wort, das leider einen schlechten Ruf bekommen hat, ist das Wort ‘Heimat’. wortschatzIn den Köpfen vieler Menschen wird es verkitscht oder sogar mit politschen Strömungen in Verbindung gebracht. Dabei bezeichnet es doch den Ort, wo wir uns zuhause und sicher fühlen und wo wir unsere Wurzeln haben. Unter Umständen kann das sogar in der Fremde sein …

 

Und hier noch ein bisschen Statistik:

Die Gesamtgröße des deutschen Wortschatzes umfasst laut Wikipetia je nach Zählweise 300.000 bis 500.000 Wörter. Davon werden in der deutschen Standardsprache etwa 75.000 Wörter benutzen, Ableitungen und Wortbildungen nicht mitgerechnet. Ein erwachsener Muttersprachler verfügt Schätzungen zufolge über einen Wortschatzumfang von 3.000 bis 216.000 Wörtern. Die Engländer haben einen etwas größeren, die Franzosen einen etwas kleineren Wortschatz, was jedoch nicht bedeutet, dass ihre Sprache deshalb ‘reicher’ oder ‘ärmer’ ist.

PS: In einigen Artikeln weiter unten habe ich seltene und aussterbende Wörter beschrieben, wie zum Beispiel Sappralott, adies, Plümont (Plumeau) oder Paraplü.

Vom Karneval und der Fastenzeit, und wie sie zusammenhängen

Der Karneval, dessen Bezeichnung auf das kirchenlateinische ‚carnislevamen‘ (Fleischwegnahme) zurückgeht, ist ein im Mittelalter – in Venedig im 11. Jahrhundert – entstandener Brauch. Dieser verdankt folglich seinen Ursprung erst der städtischen mittelalterlichen Festkultur und nicht den römischen Saturnalien. Der variierende Beginn des im Kirchenjahr verankerten Karnevalsfestes liegt vor der vierzigtägigen österlichen Fastenzeit, wovon sich der Begriff Fas(t)nacht ableitet, was schlicht und einfach ‚Nacht vor dem Fasten‘ bedeutet. Vor diesem radikalen Einschnitt in die Speisegewohnheiten wurden in der Frühzeit des Brauchs die schnell verderblichen Nahrungsmittel Fleisch, Eier und Fett in öffentlichen Gelagen verzehrt.  Zu den leiblichen Genüssen gesellten sich später Verkleidung und Maskierung, Musikanten, Gaukler, Tänze, Schauspiel und Wettkämpfe, auch zwischen Tieren. In der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert deutete die katholische Kirchenlehre die Fastnacht neu als verkehrte teuflische Welt, die den Gläubigen vor dem Beginn der gottgefälligen Fastenzeit vor Augen geführt werden musste. Der Maler Pieter Brueghel stelle 1559 diese beiden Kontrastmodelle in seinem Gemälde ‚Der Kampf zwischen Fastnacht und Fasten‘ gegenüber. Innerhalb eines zeitlich beschränkten Rahmens erlaubte der Karneval die Umkehrung der festgelegten Rollen der Stände, Autoritäten und Geschlechter.

teufelsmasekenDer Text ist einem Artikel von Dr. phil. Ursula Brunold-Bigler entnommen, der im Herbstheft 2017 der Zeitschrift ‚Märchenforum‘ unter dem Titel ‚Von den ältesten italienischen Märchen, gebildeten Märchendichterinnen und vom Karneval‘ erschien ist. Weil hier die Zusammenhänge so schön erklärt werden, habe ich ihn mit Erlaubnis der Redaktion hier wiedergegeben.

Zum Mutaborverlag – hier erscheint die Zeitschrift ‘Märchenforum’

Tod den Mohren Apotheken?

In den Niederlanden will man den ‚Schwarzen Piet‘ eliminieren – nun soll es bei uns den ‘Mohren Apotheken’ an den Kragen gehen!

Ich bin Förderer bei ‚Survival‘, die globale Bewegung für die Rechte indigener Völker. Ich habe Freunde mit dunkler Hautfarbe und arbeitete einige Jahre ehrenamtlich im Flüchtlingsheim. Trotzdem fehlt mir jedes Verständnis für solche Diskussionen. Wer verlangt, dass sich eine ‚Mohren Apotheke‘ umbenennen soll, weil das Wort Mohr angeblich diskriminierend ist, weiß offensichtlich nicht, woher das Wort stammt.

Mohr bezeichnete ab dem 8. Jahrhundert Menschen, die aus Mauretanien stammten. Es ist also ursprünglich eine Kurzform für Mauretanier bzw. Mauren – und die haben nun mal eine dunkle Hautfarbe. Langsam entwickelte sich das Wort Mohr zu einem Wort für dunkelhäutige Menschen auch aus anderen Regionen, und ab dem 16. Jahrhundert stand es schließlich für dunkelhäutige Menschen überhaupt.

Im Mittelalter waren Mauren (Mohren) wertgeschätzte Ärzte. Ihr Können auf diesem Gebiet war grandios! Und so dürfte es eigentlich niemanden wundern, dass ‚Mohren‘ und Apotheken zu einem Begriff verbunden wurden. Trägt eine Apotheke den Namen ‚Mohren-Apotheke‘, kann man davon ausgehen, dass sie seit hunderten von Jahren besteht und also auf eine traditionsreiche Vergangenheit verweisen kann.

Auch der ‚Schwarze Piet‘ in den Niederlanden (bei uns in Deutschland nennen wir ihn Knecht Ruprecht oder Krampus) hat eine uralte und mythologisch begründete Tradition, die nichts mit der Hautfarbe eines Menschen zu tun hat. Der schwarze Piet (oder Knecht Ruprecht) ist eine Figur aus dem ‚dunklen Reich‘, der Schattenwelt. Und Schatten sind nun mal schwarz, jedes Kind weiß das!

Alle Lichtgestalten aus der Mythologie haben ihren Schatten. Die bekanntesten Licht-Schatten-Paare sind Gott und Teufel, Leben und Tod. Aus dem Märchen kennen wir die zwölf weißen Feen mit der dreizehnten schwarzen oder die Königin als gute und die Hexe als böse Mutter. All diese Paare sind als Einheit zu verstehen – eben als helle und dunkle Seite unseres Ichs.

Ein weiteres Licht-Schatten-Paar sind der König und sein Hofnarr, der in seiner Art dem Schwarzen Piet am ähnlichsten ist. Ein Hofnarr war dem König symbolisch gleichgesetzt, denn er galt als sein ‚dunkler Zwilling‘. Nur er durfte den König duzen und ihm und allen anderen unverblümt die Wahrheit sagen – und das gefahrlos, denn wer ihn schlug, schlug den König selbst. In seiner Hässlichkeit und seiner ordinären, wilden und gewöhnlichen Art stelle er den Gegenpol zur königlichen Lichtgestalt dar.

In diesem Sinne sind auch der Heilige Nikolaus und sein ‚schwarzer‘ Gehilfe ein Gegensatzpaar. Zusammen verkörpern sie Gut und Böse, Vernunft und Widerspruch, Macht und Verderben.

Vor diesem Hintergrund ist die Diskussion um die Abschaffung des Schwarzen Piet geradezu lächerlich. Und ebenso lächerlich ist die Abschaffung des Begriffs Mohr, insbesondere im Zusammenhang mit dem Namen einer Apotheke. Denn hier erinnert der Mohr daran, wie überlegen uns die Mauren einst im Bereich der Medizin waren!Ich warte auf den Moment, an dem einem ‚Schwarzafrikaner‘ verboten wird, uns Mitteleuropäer als ‚Weiße‘ zu bezeichnen. Er muss dann sagen ‚ein hellhäutiger‘ oder ein ‚nichtfarbiger‘. Oder wir wäre es mit ‚Nordrassiger‘? Aber nein, das geht nicht, das hätte ja ein gewisses Geschmäckle …

PS: Ich habe eine gute Bekannte, die mit Nachnamen Mohr heißt – was machen wir nur mit der?

Ausgetrocknete Kanäle in Venedig

Wer Anfang Februar dieses Jahres nach Venedig reiste, erlebte die Stadt an der Lagune mit ausgetrockneten Kanälen. Gondeln lagen auf Grund, und man konnte die Fundamente der Häuser bestaunen. Wer hätte gedacht, dass das Wasser in den kleinen Seitenkanäle Venedigs gerade mal hüfthoch steht!

Aber woran liegt es, dass die Kanäle plötzlich austrocknen?

Drei Faktoren stießen zusammen. Zum einen hat es in Venedig seit Wochen nicht mehr geregnet. Zum anderen war der Januar in Italien der wärmste seit 250 Jahren. Und schließlich kam der ‘Supermond’ dazu. Dieser Ausdruck steht für einen Voll- oder Neumond, der sich auf seiner Erdumlaufbahn im oder nahe am erdnächsten Punkt befindet und aufgrund dessen für eine bedeutend stärkere Ebbe als gewöhnlich sorgt.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Kanäle von Venedig ‘leer’ sind, wenngleich es auch selten vorkommt. Die Frage ist, ob die durchschnittlich 70 000 Menschen, die Venedig täglich besuchen, den Anblick so schön finden. Da ist die Lagunenstadt mit Kanälen, die vielleicht ein wenig stinken, auf denen aber die Gondeln dahingleiten, doch viel schöner, und vor allem für die Gondolieres rentabler …

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Gondeln von Venedig
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Gondoliere in Venedig
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Gondoliere auf dem Canal Grande in Venedig

       Die ausgetrockneten Kanäle kann man auf  ‘Spiegel online’ sehen

venedig-reisefuehrer-staedtetrip-by-arpDen Venedig-Reiseführer

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Cres und Losinj – Bilder einer Insel

Mit Hochdruck arbeiten wir an einem Insel-Reiseführer über ‘Cres und Losinj’, der spätestens Ende März erscheinen soll. Um Sie schon einmal darauf einzustimmen, haben wir hier für Sie zwei Fotoalben vorbereitet.

Bitte klicken Sie auf den Link

Fotostreifzug Insel Cres

Fotostreifzug Insel Losinj

 

 

 

Jagdverbot für die San – eine menschliche Tragödie

Die Flüchtlingsfrage treibt viele Menschen um. Mag man hier und da noch Verständnis für Flüchtlinge aus Kriegsgebieten haben, so hört es für viele bei denen auf, die aus Afrika zu uns kommen. „Das sind ja ‚nur‘ Wirtschaftsflüchtlinge“, heißt es. Mit anderen Worten: „Die haben ja ‚nur‘ Hunger. Die wollen sich auf unsere Kosten gütlich tun! Und was können wir schließlich dafür, dass die nicht wirtschaften können?“

Man könnte viele Beispiele nennen, wie wir, die Bewohner Europas und Amerikas, den afrikanischen Kontinent ausbluten ließen. Das beginnt bei den Sklaven, geht über das Testen von unausgereiften Medikamenten, den Abbau von Diamanten oder Raubbau von Elfenbein und hört auch bei den ‚seltene Erden‘ noch nicht auf, die wir heutzutage aus Afrika holen.

Ein Beispiel aber zeigt ganz besonders die geradezu perverse und rücksichtslose Ausbeutung dieses Kontinents – damit für weiße Großwildjäger genug Gnus und Giraffen zum Abschuss bleiben, ist dem Volk der San das Jagen auf diese Tiere bei Gefängnisstrafe verboten.

Aber von vorne: Die Ureinwohner Namibias und des ganzen südlichen Kontinents nennen sich San. Wir nennen sie auch Buschleute oder Buschmänner. Sie sind Jäger und Sammler und leben dort seit tausenden von Jahren. Im Laufe der Zeit wurde ihr Lebensraum jedoch durch Zuwanderungen afrikanischer Stämme und weißer Siedler immer mehr beschnitten. Zäune um riesige Farmen, willkürlich gezogene Landesgrenzen und Ausweisung von Naturschutzgebieten schneiden sie von ihren natürlichen Ressourcen ab.

Das Gebiet des heutigen Namibia war von 1884 bis 1915 eine deutsche Kolonie und wurde Deutsch-Südwestafrika genannt. Seit 1919 untersteht Namibia der Verwaltung Südafrikas.

Wir Westlinge reisen gerne, und Safaris erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Dabei ist nichts gegen weiße ‚Jäger‘ zu sagen, die mit ihren Kameras auf die Pirsch gehen. Es gibt aber auch die anderen, die Großwildjäger, die auf Antilopen, Elefanten und Giraffen schießen.

Über die Elefantenjagd ist viel gesprochen worden, und spätestens seit König Juan Carlos von Spanien einen ‚Prachtbullen‘ schoss, kochen die Gemüter hoch. Doch dass man den San bei Gefängnisstrafe verbietet, Giraffen und Antilopen zu erlegen, um dieselben Tiere dann für Großwildjäger zum Abschuss freizugeben, ist einfach nur abartig. Es sind Tiere, von deren Fleisch sich die San ernähren, während die Großwildjäger die Kadaver nach einem Beweisfoto wie Abfall liegen lassen!

Das Jagdverbot hat für die San zur Folge, dass sie hungern müssen. Denn Warzenschweine sind äußerst schwer zu erlegen und außer ein paar Nüssen und Wurzeln gibt es für sie auch sonst nichts zu Essen. In diesem Teil Afrikas lässt sich nun mal nichts anbauen, es ist zu trocken dort.

Als Mensch und Tierfreund empört mich diese Sache zutiefst! Leider fehlt den San im Windhoeker Parlament eine Lobby, und so wird sich nichts ändern und bleibt diesem Volk nichts, als für das dekadente Treiben einiger Europäer und Amerikaner zu hungern.

Möglicherweise wissen manche der Großwildjäger gar nichts von solchen Zuständen. Aber vielleicht stößt der eine oder andere zufällig auf diesen Artikel und denkt über all das nach – ich würde es mir wünschen.
Und was die Wirtschaftsflüchtlinge betrifft: Am ‚Hunger Afrikas‘ sind wir Westlinge nicht ganz unbeteiligt.

Hier können Sie mehr über die San erfahren

Survival international setzt sich für die Rechte indigener Völker ein. Auf den folgenden zwei Seiten erfahren Sie etwas über die Arbeit von

Survival international

Indigener Naturschutz

Das wünsche ich mir und euch

Wir alle wissen, dass sich gerade an Weihnachten viele Menschen das Leben nehmen – weil sie sich einsam fühlen und glauben, dass alle anderen jetzt glücklich sind in der Geborgenheit ihrer Familien. Sie irren, denn gerade an Weihnachten häufen sich die Fälle von häuslicher Gewalt. Gerade an Weihnachten sind in vielen Familien die Erwartungen so hoch, dass Frust und Enttäuschung nicht ausbleiben können.

Allen, die sich in diesen Tagen einsam fühlen, weil sie vielleicht einen geliebten Menschen verloren haben, wünsche ich viel Kraft, und ich möchte ihnen sagen: Verliert euch nicht in eurer Einsamkeit, es ist nur ein Tag wie jeder andere.

Und dann habe ich noch ein paar Wünsche für uns alle.

Ich wünsche mir und euch zu Weihnachten, dass alle Menschen, die so voller Hass und Neid stecken, dass sie andere lieber in den Tod schicken, als ein ganz klein wenig von unserem Wohnstand abgeben zu wollen – wünsche mir, sie mögen ihr Herz und ihren Verstand öffnen und zur ‚Besinnung‘ kommen.

Ich wünsche mir und euch zu Weihnachten, dass all die Menschen, die ihren Gott missbrauchen, um andere zu unterjochen – wünsche mir, sie mögen Liebe finden, statt Hass zu säen.

Ich wünsche mir und euch zu Weihnachten, dass dieses Fest nicht länger einer leeren Floskel gleicht – ein Fest, an dem Millionen Münder von Liebe singen und doch kein Mitgefühl, keine Empathie empfunden wird.

Ich wünsche mir und euch zu Weihnachten, dass das kommende Jahr uns allen Reichtum bringt – den Reichtum zu erkennen, wie gut es uns geht und wie groß das Glück ist, in einem Land geboren worden zu sein, in dem es eine Wasserleitung, Strom, Ärzte, Kleidung und Essen gibt.

Ich wünsche uns allen Glück und Zufriedenheit.

Verbote im Märchen

Märchenforum – das neue Heft ist erschienen. Diesmal wieder mit einem Beitrag von mir.

In Märchen werden viele Ratschläge gegeben und Verbote ausgesprochen, Rotkäppchen ist da ein bekanntes Beispiel. Die Märchen erzählen aber auch, wie sich gerade durch das Überschreiten solcher Verbote eine neue Eigenständigkeit und Dynamik im Leben der Hauptfiguren entwickelt. Dabei überraschen die Märchen mit erstaunlichen Lösungswegen und Erkenntnissen.

Mein Beitrag beschäftigt sich mit dem Märchen vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf – einmal aus einer ganz anderen und vielleicht etwas ungewöhnlichen Perspektive.

Angeline Bauer

Einzelheft Nr. 76 Ratschläge und Verbote im Märchen

– Die verbotene Tür
– Die ratgebenden Alten im Märchen
– Machen Verbote Sinn?

CHF 10.00 / EUR 8.50
zzgl. Porto (portofreie Lieferung in DE)

ISSN Nr. 1662-0666

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Die Sache mit dem Hilfsnikolaus

Weil wir Enkelkinder haben, hat sich in diesem Jahr auch bei uns der Nikolaus angesagt, und natürlich waren wir sehr gespannt auf diesen Besuch! Er klopfte also, wir ließen ihn ein, er setzte sich und presste ein Danke hervor: „Danke, das Sitzen tut gut! Bin ja jetzt doch … also … bin ja von ziemlich weit hergekommen!“ Er räusperte sich, schnappte mehrmals nach Luft, schlug schließlich mit zitternden Händen das Goldene Buch auf, das er bei sich führte, und versuchte sich zu sammeln. Doch das mit der Schnappatmung wollte einfach nicht besser werden. Er las vor, japste, stotterte und griff sich an die Brust.
Also, wenn es nicht der Herr Nikolaus persönlich gewesen wäre, hätte ich glatt gedacht, der hat Lampenfieber! Und zwar ganz furchtbar arg! Aber ein Nikolaus, der seit nun fast schon zwei Jahrtausenden vom Himmel zu den Kindern kommt, der kann doch kein Lampenfieber mehr haben, oder?
Hm – trotzdem, er sah gar nicht gut aus, und ich begann, um sein Leben zu fürchten. Da stellte sich mir die Frage: Könnte ein Nikolaus, der ja genaugenommen schon seit Ewigkeiten tot ist, könnte der heute nochmal tot vom Stuhl kippen? Und wenn er tatsächlich tot vom Stuhl kippen könnte und auch kippte, wären dann wir daran schuld, dass millionen von Kindern am Nikolaustag keine Geschenke mehr bekämen, weil der Herr Nikolaus ja jetzt end-end-end-gültig tot ist?
Hm?????!, und nochmal hm?????

Zum Glück ist er dann doch nicht tot vom Stuhl gekippt, hat sich irgendwie durchgejapst und durchgestottert, schließlich das Haus verlassen und ist wahrscheinlich mit seinem Rentiert erst mal zur nächsten Kneipe gefahren, um sich einen Schnaps zu bestellen.
Später am Abend hat mir ein Englein gezwitschert, dass das eigentlich gar nicht der Herr Nikolaus war, sondern nur ein Hilfsnikolaus, weil der echte in so einer Nacht einfach viel zu viel zu tun hat, und dass der Herr Hilfsnikolaus das bei uns zum allerallerallerersten Mal gemacht hat – also das mit dem Goldenen Buch und den Geschenken und so.
Als ich gegen Mitternacht im Bett lag und den Abend noch einmal Revue passieren ließ, fiel mir ein Spruch ein, der über dem Schreibtisch meiner Mutter hing:
Der Mensch wächst mit seiner Aufgabe – ob das bei Nikoläusen auch so ist?

Friederike Costa

Blog-Adventskalender … Das dritte Söckchen

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In dieses Jahr geht der Blog-Adventskalender, iniziiert von Alex, bereits zum neunten Mal an den Start, und ‘by arp’ findet ihr diesmal das 3. Söckchen. Darin verbirgt sich als Überraschung die Titelgeschichte der Weihnachtsanthologie “Oje, du fröhliche …” aus unserem Verlag.

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Friederike Costa

“Oje, du fröhliche …”

Wenn Juliane behaupten würde, Oma sei sparsam, dann wäre das sehr höflich ausgedrückt. Oma war ein herzensguter Mensch, aber geizig bis dorthinaus und damit das ideale Opfer für zweifelhafte Werbekampagnen.
Im letzten Jahr wollte eine gewisse Firma, die Handtücher, Geschirrtücher und Tischwäsche vertrieb, am großen Weihnachtsgeschäft teilhaben. Weil aber heutzutage derlei Dinge nicht mehr sehr oft unter den Weihnachtsbaum gelegt werden, musste man sich etwas Verkaufsförderndes einfallen lassen. Das war dann die alte Idee mit den Rabattmarken nur etwas aufgeputzt und modernisiert. An jedem Handtuch, Waschlappen, Geschirrtuch hing eine Wertmarke aus Plastik, die beim Kauf an der Kasse je nach Art und Preis des erworbenen Stückes als zwei, fünf oder zehn Punkte auf eine Art Scheckkarte gestanzt wurde. Für die vollends gefüllte Scheckkarte gab es dann ein mit Weihnachtsmotiven besticktes Tischtuch umsonst.
Das Zauberwort ‘umsonst’ traf Oma mitten ins Herz. Wenn es etwas umsonst gibt, dann muss man doch zugreifen. „Es wäre doch geradezu Verschwendung, wenn man‘s nicht täte!“ Sagte es und sah Juliane festen Blickes an.
Oma beschloss die Chance zu nutzen. Sie kaufte sofort zehn Handtücher und zehn Waschlappen und staunte dann, dass sie nur achtundfünfzig Punkte bekam, wo sie doch hundert für ein Tischtuch benötigte. Sie hätte so gerne gleich das ‘Tischtuch-Umsonst’ mitgenommen!
Die Verkäuferin tröstete sie: „Die Scheckkarte behält ihren Wert bis Ende des Jahres, solange geht ihnen kein Punkt verloren!“
„Und dann?“, wollte Oma alarmiert wissen.
„Ab 6. Januar sind die Punktekarten ungültig.“
„Wie? Alle Punkte? Dann kriegt man nichts mehr dafür?“
„Nein, leider nicht. Aber bis 5. Januar für jede volle Karte eins von den wunderschönen Tischtüchern mit Weihnachtsmotiv!“ Verbindliches Lächeln.
Oma ging nach Hause. Sie hatte ihr ganzes Geld für Handtücher und Waschlappen ausgegeben. Mehr als hundert Euro! Da musste sie dann eben morgen noch mal kommen, nachdem sie auf der Bank gewesen war.
Am nächsten Tag ging Oma wieder in dieses Kaufhaus, kaufte weitere zehn Handtücher und freute sich schon auf ihre Tischdecke. Aber die Verkäuferin schüttelte den Kopf.
„Ein Punkt zu wenig, gute Frau, da müssen Sie noch etwas nehmen!“
Oma holte einen Waschlappen. Aber nun hatte sie zwei Punkte zu viel, und das wäre doch Verschwendung gewesen! Also gab sie ein Handtuch zurück, tauschte es durch drei Waschlappen aus, doch dann fehlten wieder ein Punkt. Sie versuchte es mit einem Waschlappen mehr, hatte wieder einen Punkt zu viel – wie sie es auch drehte und wendete, die Rechnung ging einfach nicht auf!
Oma nahm zehn Handtücher und einen Waschlappen und ließ sich den übergebliebenen Punkt auf eine neue Karte stanzen. Dann nahm sie glücklich ihre mit Weihnachtsmotiven bestickte Tischdecke samt derHandtücher und Waschlappen entgegen und ging nach Hause.


Aber der übergebliebene Punkt bereitete ihr Kopfzerbrechen. Welch gottlose Verschwendung, den Punkt einfach so mir nichts dir nichts zu verschenken! Oma, sonst sehr gesellig und immer zu Späßen aufgelegt, war plötzlich verschlossen und schließlich kaum noch anzusprechen. Sie hatte einige schlaflose Nächte hinter sich und machte uns ernsthafte Sorgen. Auf Julianes Frage, was ihr so zusetzte, antwortete sie aber immer nur: „Kann ich nicht sagen, hat etwas mit Weihnachten zu tun!“
Wenn Sorgen sich ums Christkind drehen, dann dringt man nicht weiter in einen, dann schweigt man diskret. Also schwieg Juliane – zumal Oma ja auch am Tag darauf wieder viel glücklicher aussah. Wie die Familie später erfuhr, hatte sie sich da bereits zum Kauf weiterer zwanzig Handtücher und etlicher Waschlappen durchgerungen. Und diesmal ging es sogar auf. Gottlob! Denn sonst hätten ihre Lieben statt der vierzig Handtücher und weißnichtwievielen Waschlappen an diesem Weihnachten vielleicht achtzig oder gar hundert unter dem Christbaum gefunden! Immer fünfstückweise verpackt, mit einem Kärtchen an einer Schleife, auf dem jeweils stand:
Für Sandra – in Liebe, Oma.
Für Julian – in Liebe, Oma.
Für meine geliebte Tochter Juliane – in Liebe, Oma.
Sogar Omas Urenkelin, die fünfjährige Marie, bekam in diesem Jahr vom Christkind fünf Handtücher geschenkt.
Frohe Weihnachten – Hallelujah!

Das nächste Söckchen findet ihr auf einem der drei folgenden Blogs

Always Sunny

Bücher Diddi

Daggis Welt

Oje, du fröhliche … zum Buch

Fotoausstellung – „So is´s bei uns im Winter“

Am Freitag, den 25.11.2017 habe ich meine Ausstellung mit Winterfotos eröffnet. Tamara Eder hat mir freundlicherweise den Artikel zur Verfügung gestellt, den sie über die Ausstellungseröffnung schrieb. Aus Platzmangel gebe ich ihn hier verkürzt wieder.

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Beeindruckende Fotoausstellung von Angeline Bauer

Grassau (tb) – Besondere Motive und Stimmungen der Winterlandschaft fing die Fotografin und Autorin Angeline Bauer ein. Nun stellt sie eine Auswahl von 90 Bildern im Galerieraum der Tourist-Information Grassau aus.
Die unterschiedlichen Tageszeiten mit Sonnen-Auf- und Untergang, die verschiedenen Witterungen mit Eisregen, Reif und Nebel inspirierten die Fotografin. So manche Motivwahl erstaunt dabei. Besondere Ruhe strahlen die Aufnahmen am Friedhof aus. Mit Schneehaube bedeckt wirken die Grabsteine wie friedliche Wegweiser in die Ewigkeit. Winterlandschaften wie hingehaucht, mit Lichteinfall zwischen den Bäumen, aufgenommen im Moor, oder eine eingeschneite, halbverfallene Brücke beeindrucken. Sonst unbeachtete, romantisch wirkende Fenster kommen im Glanz des weißen Schnees neu zur Geltung. Wie aus einem Märchenbuch wirkt die Wasseroberfläche des Reifinger Sees, wenn die Sonne ganz tief steht. Auch einige Pflanzen, die wie mit Zuckerkristallen bedeckt der Kälte trotzen, sind zu sehen.
Beim Betrachten der Bilder beginnt man unweigerlich sich auf den Winter, auf Schnee und glitzernde Winterlandschaft zu freuen.
Die Ausstellung ist zu den üblichen Öffnungszeiten der Tourist-Information geöffnet. Montags bis freitags 8.30 bis 12 und 13.30 bis 17 Uhr, samstags 9 bis 12 Uhr, sowie zusätzlich an den ersten drei Adventswochenenden jeweils von 14 bis 16 Uhr zu sehen.
(Tamara Eder)

Links Angeline Bauer, rechts Doris Noichl, 2. Bürgermeisterin

Fotoausstellung: So is ‘s bei uns im Winter

Am kommenden Freitag, es ist der 24.11.2017, eröffne ich in Grassau im Chiemgau meine Foto-Ausstellung.

Thema ‘So is ‘s bei uns im Winter’.

Ort: 83224 Grassau, Kirchplatz 3, 2. Stock.

Die Ausstellung hat bis 5. Januar 2018 während der Woche zu Öffnungszeiten der Touristeninfo (Siehe Internet) geöffnet. Zusätzlich an den ersten drei Adventssonntagen von 14 bis 16 Uhr – dann bin ich auch selbst anwesend. Oder nach Absprache gerne auch außerhalb dieser Zeit. Bitte über die Touristeninfo   einen Termin vereinbaren.

Lesen ist keine einfache Sache …

Dass das Lesen und damit auch das Schreiben eine komplexe Angelegenheit ist erahnen Menschen vor allem dann, wenn sie Kinder haben, die an Lese- und Rechtschreibschwäche leiden, selbst Legastheniker sind oder gar jemanden in der Familie haben, der Analphabet ist.

Wie man in einem Artikel im Fachblatt >Science Advances< nachlesen kann, fand ein Internationales Forscherteam heraus, dass das Erlernen von Lesen unser Gehirn maßgeblich verändert. Weil sich Schrift erst vor etwa tausend Jahren entwickelt hat – evolutionsgeschichtlich ist das nicht mehr als ein Wimpernschlag – hatte unser Gehirn nicht die Zeit, ein separates Lesezentrum zu entwickeln. Also musste es zum Erfassen von Buchstaben auf andere Regionen zurückgreifen, wie unter anderem die Gesichtserkennung.

So kann für Menschen, die z.B. Schwierigkeiten haben, sich Gesichter zu merken, auch das Erlernen von Lesen mühevoller sein. Um betroffene Kinder trotzdem am Lesen zu interessieren, sollte man ihnen viel vorlesen und sie so auf Lesestoff neugierig machen. Lesen muss mit Glück und Lust verbunden sein, die positiven Gefühle müssen die negativen übertrumpfen.

Aber nicht nur, um Kinder an das Lesen heranzuführen ist Vorlesen wichtig, es verstärkt auch die Bindung zwischen den vorlesenden Eltern, Großeltern oder Geschwistern und dem zuhörenden Kind.

Mehr über die Notwendigkeit des Vorlesens finden Sie in “Heilende Märchen – Geschichten, die Kinder stark machen”

heilende-maerchen-geschichten-die-kinder-stark-machen

Zum Buch

Das Buch bzw. die Märchen beschäftigen sich mit folgenden Themen:

Von Gespenstern und anderen dunklen Wesen
Vom Haß aus Liebe – wenn Kinder sich von den Eltern abwenden
Vom Leben und Sterben (wenn Kinder geliebte Menschen verlieren)
Von der Kraft der Freundschaft, der Liebe und der Treue
Vom Geben und Nehmen, Teilen und (Be-)halten
Von der Verlässlichkeit eines Versprechens
Vom Umgang mit Behinderungen
Von Eßstörungen und dem, was wirklich stark macht
Von Eifersucht und Geschwisterrivalität
Von Lernproblemen und Selbstzweifeln
Konflikte lösen in einer Patchworkfamilie

In Rente mit 55 Jahren?

Die einen tun’s mit 63, die anderen mit 65 oder älter. Wieder andere hängen gerne noch ein paar Jährchen dran, falls man sie lässt – in Rente gehen!
Auch ich werde demnächst eine kleine Rente erhalten, dank Vater Staat und KSK, die uns Künstlern zu unseren Rentenbeiträgen den Arbeitgeberanteil einbezahlten. Große Sprünge lassen sich damit natürlich nicht machen.
Für mich bedeutet ‚Rente‘, dass zum ersten Mal in meinem Leben an jedem Ersten des Monats gesichert Geld aufs Konto kommt, und das wird sich verdammt gut anfühlen!
Zum Thema Rente fällt mir aber eine ganz andere Geschichte ein. Auf einer unserer vielen Türkeireisen erzählte der Reiseleiter auf der Fahrt vom Flughafen zum Hotel dies und das über Land und Leute. Unter anderem wusste er zu berichten, warum so viele halbfertige bzw. dachlosen Häuser, den ländlichen Straßenrand säumten. Zuerst, erzählte er, wird das Erdgeschoss gebaut, in dem die Familie wohnt und ihre Kinder großzieht. Sind die Kinder erwachsen, kommt ein zweites Stockwerk drauf, in das dann die jungen Leute mit ihrer neugegründeten Familie einziehen. Im Gegenzug versorgen sie ihre Eltern, denn die gehen bereits mit 50 oder 55 Jahren in Rente (natürlich ohne eine Rente zu beziehen, so wie wir das kennen).
Diese Information löste ein A und O aus und es wurde gelacht und gehöhnt: „Das würde ich auch gerne, mit 50 schon in Rente gehen!“ So nach dem Motto: Faule Türken.
Zwei Tage später haben mein Mann und ich eine kleine Wanderung unternommen. Nicht rechts oder links am Strand entlang, sondern geradewegs ins Landesinnere. Kaum hatten wir den Ort hinter uns gelassen, befanden wir uns schon im ‚tiefsten Hinterland‘. Kleine, ärmliche Höfe, Hühner und dürre Kühe, Pinienwäldchen neben staubige Straßen.
Nach etwa einem Kilometer kamen wir zu einem kleinen Friedhof. Friedhöfe besuchen wir gerne, denn man erfährt auf ihnen so einiges über Land und Leute. Zum Beispiel beobachteten wir einmal auf einem anderen türkischen Friedhof eine Familie, die auf einer Grabplatte Picknick hielt. Vielleicht hatte ihr Vorfahre an diesem Tag Geburtstag oder gab es Anderes zu feiern. Jedenfalls fanden wir das interessant, und es hat uns gefallen.
Auf dem Friedhof, auf dem wir bei unserem Spaziergang gelandet waren, fiel uns auf, dass die meisten Leute, die dort lagen, nicht älter als 55 oder 60 Jahre geworden waren – kaum mal jemand, der 70 oder 80 Jahre gelebt hatte. Da war auf uns einmal klar, warum die Landbevölkerung mit 50 oder 55 Jahren ‚in Rente‘ ging. Natürlich bekam keiner von ihnen ein neues Herz oder auch nur teure Medikamente. Man lebte, arbeitete, und wenn man sehr krank wurde starb man, so Allah wollte.
Das zeigt mal wieder, dass alles relativ ist und man ein Land nur kennenlernt, wenn man die üblichen Trampelpfade verlässt.
In die Türkei reisen wir heute nicht mehr, aus Prinzip und Überzeugung. Und das ist schade, denn wenn man die üblichen Touristenpfade verlässt, erlebt man ein wunderschönes, gastfreundliches Land.

Tipp: Falls Sie gerade anfangen, als AutorIn zu arbeiten und keinen Brotjob haben, erkundigen Sie sich über eine Versicherung bei der KSK (Künstlersozialkasse).

Hier finden Sie alles über die KSK

Brettspiele und ihr historischer Hintergrund

Die ersten Spiele auf einem Brett wurden im Mittelalter gespielt – so las ich es kürzlich in einem historischen Roman. Aber weit gefehlt und schlecht recherchiert. Das älteste bisher bekannte Brettspiel der Welt ist mehr als fünftausend Jahre alt und wurde bei Ausgrabungen der mesopotamischen Stadt UR entdeckt! Wer das Britische Museum in London besucht, kann es dort bewundern. Zwar weiß man nicht, wie es gespielt wurde, vermutet aber, dass es dem Backgammon ähnelt.

Brettspiele hatten ursprünglich einen religiösen Hintergrund. Wahrsager, Weise und Berater der Könige nutzten sie sogar noch Ende des 19. Jahrhunderts als Medium für ihre Weissagungen. Ihre Züge galten als von Gott gelenkt. Auch das Dame-Spiel, das aus dem alten Ägypten stammt und dort ‚alquerque‘ hieß, war in seinem Ursprung ein Orakel, das Auskunft über den Ausgang von Kriegen geben sollte. Man fand es bei Ausgrabungen in mehreren Gräbern. Später wurde es von Griechen und Römern übernommen und leicht abgewandelt.

Auch das zweitälteste bekannte Brettspiel entdeckte man in Ägypten. Es heißt ‚senet‘ und war beim einfachen Volk ebenso beliebt wie in höheren Kreisen. Die Spielregeln gaben vor, dass jeder Spieler fünf Spielsteine auf einem Papyrusbrett ins Ziel bringen musste. Auch Tut-ench-Amun hatte man ein solches Spiel mit ins Grab gegeben.
Das älteste heute noch gespielte Brettspiel ist Schach. Über seine Entstehung ist man sich uneins. Es wurde Ende des 5. Jahrhunderts entweder von einem in Indien lebenden Hindu erfunden oder in Persien. Letzteres legt der Ausdruck ‚Schach matt‘ nahe, der sich vom Persischen ‚al shah mat‘ (der König ist tot) ableitet. Nach Europa kam es im 11. Jahrhundert über Spanien und wurde hier vor allem von der gebildeten Klasse gespielt.

Das vielleicht beliebteste und bekannteste Brettspiel bei uns ist Mensch-ärgere-Dich-nicht. Dessen Ur-Form ist das Spiel Pachisi, das in Indien seit vielen Jahrhunderten gespielt wird. Daraus entwickelte sich im 19. Jahrhundert eine englische Variante, das Ludo. 1908 hat Josef Friedrich Schmidt in Anlehnung an Ludo unser Mensch-ärgere-Dich-nicht erfunden. Seither wurden weit über 70 Millionen Exemplare davon verkauft.