Vom Karneval und der Fastenzeit, und wie sie zusammenhängen

Der Karneval, dessen Bezeichnung auf das kirchenlateinische ‚carnislevamen‘ (Fleischwegnahme) zurückgeht, ist ein im Mittelalter – in Venedig im 11. Jahrhundert – entstandener Brauch. Dieser verdankt folglich seinen Ursprung erst der städtischen mittelalterlichen Festkultur und nicht den römischen Saturnalien. Der variierende Beginn des im Kirchenjahr verankerten Karnevalsfestes liegt vor der vierzigtägigen österlichen Fastenzeit, wovon sich der Begriff Fas(t)nacht ableitet, was schlicht und einfach ‚Nacht vor dem Fasten‘ bedeutet. Vor diesem radikalen Einschnitt in die Speisegewohnheiten wurden in der Frühzeit des Brauchs die schnell verderblichen Nahrungsmittel Fleisch, Eier und Fett in öffentlichen Gelagen verzehrt.  Zu den leiblichen Genüssen gesellten sich später Verkleidung und Maskierung, Musikanten, Gaukler, Tänze, Schauspiel und Wettkämpfe, auch zwischen Tieren. In der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert deutete die katholische Kirchenlehre die Fastnacht neu als verkehrte teuflische Welt, die den Gläubigen vor dem Beginn der gottgefälligen Fastenzeit vor Augen geführt werden musste. Der Maler Pieter Brueghel stelle 1559 diese beiden Kontrastmodelle in seinem Gemälde ‚Der Kampf zwischen Fastnacht und Fasten‘ gegenüber. Innerhalb eines zeitlich beschränkten Rahmens erlaubte der Karneval die Umkehrung der festgelegten Rollen der Stände, Autoritäten und Geschlechter.

teufelsmasekenDer Text ist einem Artikel von Dr. phil. Ursula Brunold-Bigler entnommen, der im Herbstheft 2017 der Zeitschrift ‚Märchenforum‘ unter dem Titel ‚Von den ältesten italienischen Märchen, gebildeten Märchendichterinnen und vom Karneval‘ erschien ist. Weil hier die Zusammenhänge so schön erklärt werden, habe ich ihn mit Erlaubnis der Redaktion hier wiedergegeben.

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