Die Sache vom Wünschen

In der Zeitschrift ‘Märchenforum‘, Ausgabe Frühling 2019, habe ich einen interessanten Artikel über das Wünschen gelesen. Geschrieben hat ihn Helmut Wittmann, ein Märchenerzähler aus Oberösterreich. Es macht ihn wütend, wenn Märchenerzähler mit dem Satz beginnen: „Zu Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat …“ Als ob heute das Wünschen nicht mehr helfen würde!

Ich muss ihm recht geben, schließlich habe ich schon oft in meinem Leben erfahren, dass Wünschen wirklich hilft. Aber auch, dass man vorsichtig sein muss mit dem was man wünscht! Und weil ernsthaft gehegte Wünsche durchaus in Erfüllung gehen können (wir machen sie bewusst wie unbewusst wahr), sollten sie ganz genau bedacht werden!

Was passiert, wenn wir oberflächlich wünschen und nicht satt werden von dem was wir bekommen, lernen wir u.a. aus dem Märchen ‘Vom Fischer und seiner Frau‘. Sie wünscht und wünscht, und alle Wünsche werden erfüllt – bis sie sich wünscht, der Papst (Gott) zu sein. An dieser Stelle geht das mit dem Wünschen dann gewaltig schief, denn zum Wünschen gehört eben auch Dankbarkeit.

Warum mich der Artikel von Helmut Wittmann gleich in seinen Bann gezogen hat ist die Tatsache, dass gerade wir Frauen uns das mit dem Wünschen oft nicht so recht trauen (da gehört die Fischersfrau eher zu den Ausnahmen). Natürlich wünschen wir, aber wir wünschen sehr oft bescheidener als ein Mann. Zumindest die älteren von uns, denen man noch beibrachte, das Wünschen hintenan zu stellen, wenn es nicht um die Familie geht. Auch ich habe mir mit dem Wünschen viel zu lange Zeit gelassen bzw. die ersten 30 Jahre meines Lebens vor allem die Wünsche meiner Mutter erfüllt. Davor kann ich nur warnen! Selbst wenn die eigenen Wünsche sich erst einmal gegen einen richten, sind sie doch die ‘besseren‘ für einen, weil sie eben dem eigenen Leben Sinn und Form geben.

Helmut Wittmann hat für seinen Artikel ein sehr eindrückliches Märchen ausgewählt. Es heißt „Der sprechende Vogel, der singende Baum und das goldene Wasser“. Hier geht es um drei Schwestern, die sich insgeheim etwas wünschen. Die Älteste möchte den Gärtner des Königs heiraten, die zweitälteste den Bäcker des Königs, die Jüngste aber will ihren Wunsch nicht preisgeben. Als die Schwestern solange in sie dringen, bis sie gesteht, dass sie sich den König selbst wünscht, wird sie verlacht und verspottet. Doch die Wünsche erfüllen sich schließlich alle, und was passiert? Die beiden älteren sind neidisch auf die jüngste, weil sie selbst gerne mit dem König verheiratet wären. Und darum intrigieren sie auf ganz bitterböse Weise gegen ihre Schwester!

Wie oft hat man sich und seinen FreundInnen schon die Frage gestellt: Was würdest du dir wünschen, hättest du drei Wünsche frei? Oder: Was würdest du mit dem Geld anfangen, hättest du zehn Millionen im Lotto gewonnen? Die eine hat gleich parat: Eine tolle Villa, ein superschickes Auto, eine Weltreise. Die andere denkt lange nach, denn sie weiß: Das Wünschen will gelernt sein.
Wittmann hat da eine Zweipunkteregelung für uns parat:

1. Überlege dir sehr genau, was du dir wünscht, bedenke die Folgen und überlege dir gut, ob dich die Erfüllung dieses Wunsches wirklich glücklich macht.

2. Gib dich in wesentlichen Dingen nicht mit Kompromissen zufrieden (siehe die drei Schwestern oben).

Und am Schluss warnt er: Hab acht, denn so unmöglich der Wunsch auch erscheinen mag: Was du dir aus ganzem Herzen wünscht neigt dazu, Wirklichkeit zu werden.

Ich habe noch eine zusätzliche Erfahrung gemacht: Wenn das, was du dir aus ganzem Herzen wünscht, in Erfüllung gehen soll, dann schaffst du es auch, die Steine aus dem Weg zu räumen, selbst wenn sie dir noch so groß erscheinen mögen.

 

Wunsch und Wirklichkeit – Märchenforum Frühling 2019

81. Ausgabe / ISSN Nr. 1662-0666

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Heildende Märchen – Geschichten, die Kinder stark machen

Vom Karneval und der Fastenzeit, und wie sie zusammenhängen

Der Karneval, dessen Bezeichnung auf das kirchenlateinische ‚carnislevamen‘ (Fleischwegnahme) zurückgeht, ist ein im Mittelalter – in Venedig im 11. Jahrhundert – entstandener Brauch. Dieser verdankt folglich seinen Ursprung erst der städtischen mittelalterlichen Festkultur und nicht den römischen Saturnalien. Der variierende Beginn des im Kirchenjahr verankerten Karnevalsfestes liegt vor der vierzigtägigen österlichen Fastenzeit, wovon sich der Begriff Fas(t)nacht ableitet, was schlicht und einfach ‚Nacht vor dem Fasten‘ bedeutet. Vor diesem radikalen Einschnitt in die Speisegewohnheiten wurden in der Frühzeit des Brauchs die schnell verderblichen Nahrungsmittel Fleisch, Eier und Fett in öffentlichen Gelagen verzehrt.  Zu den leiblichen Genüssen gesellten sich später Verkleidung und Maskierung, Musikanten, Gaukler, Tänze, Schauspiel und Wettkämpfe, auch zwischen Tieren. In der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert deutete die katholische Kirchenlehre die Fastnacht neu als verkehrte teuflische Welt, die den Gläubigen vor dem Beginn der gottgefälligen Fastenzeit vor Augen geführt werden musste. Der Maler Pieter Brueghel stelle 1559 diese beiden Kontrastmodelle in seinem Gemälde ‚Der Kampf zwischen Fastnacht und Fasten‘ gegenüber. Innerhalb eines zeitlich beschränkten Rahmens erlaubte der Karneval die Umkehrung der festgelegten Rollen der Stände, Autoritäten und Geschlechter.

teufelsmasekenDer Text ist einem Artikel von Dr. phil. Ursula Brunold-Bigler entnommen, der im Herbstheft 2017 der Zeitschrift ‚Märchenforum‘ unter dem Titel ‚Von den ältesten italienischen Märchen, gebildeten Märchendichterinnen und vom Karneval‘ erschien ist. Weil hier die Zusammenhänge so schön erklärt werden, habe ich ihn mit Erlaubnis der Redaktion hier wiedergegeben.

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Freundschaft im Märchen – Märchenforum

In der Frühlingsausgabe der Zeitschrift ‚Märchenforum‘ hat sich die Redaktion dem Thema ‚Freundschaft‘ gewidmet. MärchenforscherInnen, MärchenerzählerInnen und AutorInnen stellen Märchen aus aller Welt vor und erörtern ihre Gedanken dazu.

Auch von mir können Sie in dieser Ausgab wieder einen Beitrag lesen. Titel: ‚Freundschaft in der Krise – Was wir von Märchenhelden lernen können‘. Das Märchen, das ich psychologisch deute, trägt den Titel ‚Von zwei Freunden, die sich bekriegten‘ und stammt aus Grönland.

Die Zeitschrift ‚Märchenforum‘ erscheint mit vier Ausgaben jährlich und wird von der Mutabor Märchenstiftung in der Schweiz verlegt.

Hier können Sie sich über das Verlagsprogramm informieren:

Mutabor Märchenstiftung

Hier kommen Sie direkt zum Frühjahrsheft:

Märchenforum – Frühlingsausgabe

Mutabor Märchenstiftung / ISSN: 1662-0666 / Heft 73 / 8,50 € / CHF 10.-

Mehr zum Thema Freundschaft und weiteren Themen, die für die Entwicklung eines Kindes relevant sind, finden Sie auch in ‚Heilende Märchen – Geschichten, die Kinder stark machen‘, ein Longseller, der im Südwest Verlag erschienen ist.

Heilende Märchen

heilende-maerchen-geschichten-die-kinder-stark-machen

Heildende Märchen – Geschichten, die Kinder stark machen

Angeline Bauer / Südwest Verlag / ISBN: 978-3-517-09255-3