Schreiben ist einsame Arbeit. Ich sitze jeden Tag mindestens sechs Stunden am PC, oft länger. Ich habe keine Kollegen, sehe niemanden, bin alleine mit mir, meinen Protagonisten und Gedanken.
Das ist anders, seit ich ein Vogelhäuschen auf dem Balkon installiert habe, auf das ich von meinem Arbeitsplatz blicken kann.
Zuerst gab’s nur im Winter Futter, weil ich zu wissen glaubte, dass man Vögel nicht ganz-jährig füttern soll. Dann hörte ich im Radio einen Beitrag eines Ornithologen, der sagte, dass diese Meinung inzwischen überholt sei. Zu viel Grasland zubetoniert, zu viele Bäume gefällt. Vögel brauchen unsere Unterstützung auch ganzjährig.
Ich fing an, den Sommer über zu füttern. Das hat sich bei den Piepmätzen schon bald her-umgesprochen, und sie kamen in ganzen Familienverbänden, um zu fressen und zu saufen. Aus dem Vogelhäuschen wurde eine Futterstation und schließlich eine Art ‚Freiflugvoliere‘ mit PVC-Boden, der sich leicht säubern lässt und anderen ‚Vogelannehmlichkeiten‘.
Jetzt gehört unser Balkon den Vögeln, und ich habe eine riesen Freude daran, mal eine Denkpause einzulegen und die Piepmätze dabei zu beobachten, wie sie ihre Jungen füttern, wie sie sich um die besten Körner streiten, wie sie ganz unterschiedlich fressen. Am ge-schicktesten sind die Meisen, die ihre ‚Beute‘ zwischen ihren Krallen und der Balkonbrüs-tung einklemmen, um Krümel davon abzuhacken. Es kommen aber auch Amseln, Spatzen, Buchfinken, mal ein Rotkehlchen oder sogar ein Specht vorbei.
Nun bin ich nicht mehr so allein beim Arbeiten – da macht es mir auch nichts aus, dass ich zweimal die Woche den Futterplatz säubern muss und ich von meinen Vögeln kräftig aus-gepiepst werde, wenn ich mich dabei nicht spute.