Am Anfang war das ‚Laufrad‘, ein rechtes Ungetüm aus Holz. Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn hieß der Erfinder mit vollem Namen – später nur Karl Drais, denn seinen Adelstitel hatte er während der Badischen Revolution im Jahr 1848 abgelegt. Er wurde am 29. April 1785 in Karlsruhe als Sohn eines Oberhofrichters geboren, studierte Landwirtschaft, Baukunst und Physik und begann danch seine berufliche Laufbahn als Forstmeister.
Doch in den Jahren 1816/17 bescherten Ernteausfälle nicht nur den Menschen Hungersnöten, sondern sorgten auch für kaum noch erschwingliche Haferpreise. Und da Pferde nun einmal Hafer fressen, war ein Fahrzeug ohne Pferdestärke gefragt! Dachte sich von Drais und tüftelte so lange, bis er seine zweirädrige ‚Laufmaschine‘ erfunden hatte – die ‚Draisine‘. Hier bewahrheitet sich der Spruch: Not macht erfinderisch!
Laufmaschine hieß das Gefährt, weil dieser hölzerne ‚Urahn‘ unserer Fahrräder noch keine Pedale besaß, sondern durch Anschieben mit den Füßen fortbewegt wurde, so wie das heute noch die kleinen Kinder tun.
Genau vor zweihundert Jahren, am 12. Juni 1817, fuhr Karl Drais erst¬mals auf seiner recht seltsam anmutenden Erfindung vom Schloss Mannheim zur kurfürstlichen Sommerresidenz in Schwetzingen und wieder zurück. Für die Strecke von knapp dreizehn Kilometern benötigte er nur eine ‚kleine Stunde‘, was einer Sensation gleichkam. Denn zu Fuß hätte man zweieinhalb Stunden benötigt, und ein Reiter wäre nur unwesentlich schneller ans Ziel gelangt. Auf der Ebene, so Drais, sei seine Laufmaschine so schnell wie ein Pferd im Galopp – doch es hat den Vorteil, dass es keinen Hafer frisst!
Danach versuchte Karl Drais durch verschiedene ‚Werbeaktionen‘, angefangen von Vorführungen bis hin zu Zeitungsartikeln, seiner Draisine Bekanntheit zu schaffen. Am 12. Januar 1818 erhielt er dafür sogar ein ‚Großherzogliches Privileg‘ was in etwa dem heutigen Patent entspricht.
Seine Draisine bestand vor allem aus Holz, besaß jedoch keine Pedale. Aber ansonsten gab es bereits Ähnlichkeiten zum heutigen Fahrrad. Vorder- und Hinterrad hatten einen Durchmesser von 27 Zoll, Sattel und Lenker waren in der Höhe verstellbar, und am Lenker befand sich eine Schleifbremse für das Hinterrad.
Dass sich das Fahrrad zuerst einmal nicht durchsetzen konnte, lag an verschiedenen Problemen. Zum einen benötigt man, wie jeder weiß, eine gewisse Körperbeherrschung, um auf zwei hintereinander angeordneten Rädern im Gleichgewicht zu bleiben. Zum anderen fehlte dem ‚Urrad‘ eben noch etwas Wesentliches: Die Pedale! In London baute ein Lizenznehmer eine Laufmaschine, jedoch ohne Bremse. Die Englische Post erstand einige Exemplare davon, beschied jedoch, dass damit zu viele Stiefelspitzen aufgearbeitet werden und schickte ihre Postboten wieder zu Fuß los. Einige Unglücksfälle, die mit den unbremsbaren Laufmaschinen passierten, führten schließlich sogar zu einem Fahrverbot. Auch in den USA wurde das neue Gefährt nachgebaut, allerdings ohne Pläne, also rein nach Hörensagen. Auch hier floppte es. Das größte Hindernis waren jedoch die schlechten Straßenverhältnisse dieser Zeit – auf schlammigen, holprigen Straßen lässt sich mit einem Rad nun einmal nicht gut fahren.
Dass seine Idee, ein Gefährt auf zwei hintereinanderliegenden Rädern, einmal einen solchen Durchbruch erlangen würde konnte Karl Drais nicht mehr erleben. Er starb 1851 an einem Herzinfarkt. Angeblich erlitt er ihn, nachdem er einen Zeitungsartikel entnommen hatte, dass, ein andere seiner Erfindung Pedale zugefügt hatte und damit in Serienproduktion ging. Ob es stimmt? Vielleicht ist es nur eine Legende. Sicher ist aber, dass Karl Drais, der als spleeniger Erfinder galt, gemobbt und verlacht wurde, worunter er sehr litt.
Apropos: Karl Drais hat nicht nur das Zweirad erfunden. Er baute auch einen Wagen mit vier Rädern, der sich ohne Pferde fortbewegen sollte, und nannte ihn Fahrmaschine. Außerdem einen Klavierrekorder, einen Holzsparherd und– Autoren aufgehorcht! – die erste Tastenschreibmaschine für 25 Buchstaben!
Anfang des letzten Jahrhunderts eroberten auch Frauen das Rad als Fortbewegungsmittel, was ihnen eine gewisse Mobilität und damit mehr Freiheit einbrachte. Natürlich nur unter Protest der Männer!
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